Erwartungen der Landesvertretung (LAMB) an die koalitions­verhandelnden Parteien

14. März 2023 PDF

Die Landesvertretung möchte die Glückwünsche anlässlich der Ergebnisse der vergangenen Wahl verbinden mit der Motivation, die Wissenschaft weiter so zu gestalten, dass sie für die Belange der Wissenschaftsmetropole Berlin einen wertvollen Beitrag leisten kann. Betonen möchten wir hierbei insbesondere, dass Wissenschaft für unsere Stadt – repräsentiert durch die Universitäten zusammen mit der Charité, den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und den Kunsthochschulen – einen elementaren wie relevanten Standortfaktor darstellt. Daneben leistet sie einen unübersehbaren Beitrag zur nationalen und internationalen Reputation der Stadt Berlin. Dies gilt sowohl für die Lehre, mit der Fachkräfte für die gesellschaftlichen Herausforderungen qualifiziert werden, für die Forschung, die innovative Lösungen und Grundlagen für diese in einer kaum vergleichbaren Fülle generiert, als auch für die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen als Arbeitgeberinnen und damit als wirtschaftlicher Faktor – von Startups bis zur vierten industriellen Revolution.

Getragen werden diese herausragenden Leistungen durch alle Mitglieder der Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen, insbesondere aber durch die Vielzahl an Beschäftigten des akademischen Mittelbaus auf Haushaltsstellen, in Drittmittelprojekten und Exzellenzinitiative bzw. -strategie. Ohne diesen starken Rücken von Karrieren zur oder neben der Professur wäre Spitzenforschung nicht denkbar. Diese Leistungen sollten im zukünftigen Regierungshandeln gewürdigt und weiter unterstützt werden.

Hierzu bedarf es einer Grundfinanzierung der Hochschulen, die den gewachsenen Aufgaben in Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Unterstützung der Stadtgesellschaft auch gerecht wird. Neben dem Ausgleich für Energiekostensteigerung und Inflation allgemein muss auch endlich der Sanierungs- und Innovationsstau bei den Gebäuden und Einrichtungen (bspw. Labor-, Hörsaal- und IT-Ausstattung) aufgelöst werden. Zudem sollten die Pensionslasten durch das Land übernommen werden.

Die zentrale Aushandlungsebene der Aufgaben und Finanzierung sind die Hochschulverträge, welche stärker als bisher die Bedarfe „vor Ort“ berücksichtigen müssen. Nur durch eine Beteiligung derjenigen, die auch die Wissenschaftsprozesse in den Hochschulen verantworten, sind entsprechende Leistungen zu erwarten. Erste Ansätze sind auf Basis des aktuellen Berliner Hochschulgesetzes zu erkennen. Diese müssen aber weiter gestärkt und ausgebaut werden. So müssen die Hochschulverhandlungen durch entsprechende paritätisch besetzte Gremien begleitet werden.

Im Rahmen der Hochschulvertragsverhandlungen ist auch die Bedeutung des „Forums Gute Arbeit“ weiter zu stärken. Nur durch gute Arbeit auf allen Ebenen sind die gewünschten exzellenten Leistungen zu erbringen. Hierzu gehören auch eine verlässliche Personalplanung und Perspektiven für die zentral in der Wissenschaft wirkenden Mitglieder der Hochschulen – allen voran die Angehörigen des akademischen Mittelbaus. Die aktuellen Regelungen im Berliner Hochschulgesetz stellen einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar – jedoch sind weitere notwendig. Insbesondere bedarf es der umgehenden Umsetzung des Gesetzes auf der Basis von Ergebnissen paritätisch besetzter Arbeitsgruppen. Erste Ergebnisse aus den Hochschulen, die aufzeigen, wie künftige Karrierewege in der und für die Wissenschaft dauerhaft gestaltbar sein können, liegen bereits vor. Hier darf nicht in der Vergangenheit verharrt werden. Die ausstehenden Anpassungen von Verordnungen sollten schnellstmöglich in Angriff genommen werden, um neue Modelle von Wissenschaftskarrieren in die Praxis umzusetzen und damit bundesweit neue Standards für die Modellierung von verlässlichen Karrierewegen in der Wissenschaft zu setzen, damit attraktive Anreize und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen jenseits von Befristungspraxis und dem Ausbau von Hochdeputatsstellen geschaffen werden.

Wissenschaft ist ein partizipativer Prozess. Dies muss sich neben den Arbeits- auch endlich in den Entscheidungsprozessen niederschlagen. Gerade die Mitglieder des akademischen Mittelbaus tragen einen wesentlichen Anteil an der Leistungsfähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in unserer Stadt und müssen ihre Expertise stärker in die Gestaltungsprozesse einbringen können. Nicht zuletzt muss sich die Bedeutung des Wissenschaftsstandort Berlin auch auf Regierungsebene abbilden. Wissenschaft darf nicht als Anhängsel eines Ressorts verstanden werden, sondern braucht eine angemessene Repräsentanz, die ihrer Position für unsere Stadt und die gesamte Gesellschaft entspricht.

Die Landesvertretung steht in allen Punkten den politisch Verantwortlichen mit ihrer Expertise beratend zur Verfügung.

Berlin, den 14.03.2023

Für den Vorstand der Landesvertretung Akademischer Mittelbau Berlin

Dr. Anette Simonis