Die Landesvertretung Akademischer Mittelbau Berlin (LAMB) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf der Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO).
Wie von Ihnen selbst im Anschreiben angeführt, bedarf die Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO) einer grundsätzlichen Überarbeitung. Dies ist in dem vorliegenden Entwurf leider noch nicht erfolgt. Aus unserer Sicht bedarf insbesondere die Bewertung und Anerkennung der vielschichtigen Aufgaben der Lehrenden im Rahmen der Lehrveranstaltungen, aber auch darüber hinaus, einer kritischen Überprüfung. Zu klären ist aus unserer Sicht die Frage, ob die mit den Aufgaben – hier mit der Art und dem Umfang der Lehrverpflichtung – einhergehenden Arbeitsaufwände auch in Bezug auf die zur Verfügung stehende Arbeitszeit gerechtfertigt sind.
Wir wollen die vorgeschlagenen Änderungen aus unserer Sicht diskutieren und weiteren Änderungsbedarf innerhalb des aktuellen Regelungskonstruktes thematisieren. Wir nehmen dies in der Reihenfolge der Regelungen des Entwurfs wie folgt vor:
Aus unserer Sicht ist § 3 Abs. 4 zu streichen. Eine sinnvolle Wahrnehmung anderer Aufgaben zeitgleich mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen und der Betreuung der Studierenden ist nicht möglich. Daher sollte die entsprechende Arbeitszeit auch vollumfänglich auf das Lehrdeputat angerechnet werden.
Die Einführung einer Regelung für die Praxissemester, im Rahmen der Lehrkräftebildung, ist dringend geboten. Hier sollte die aufgewandte Arbeitsleistung allen Beteiligten angerechnet werden, also auf jeden Fall für Lehrkräfte mit einer Regellehrverpflichtung von 8 LVS Anwendung finden (§ 3 Abs. 5 Satz 2). Das gleiche muss unseres Erachtens für die Anerkennung des Arbeitsaufwands als Regellehrverpflichtung für die Betreuung praktischer Studienanteile in anderen Studiengängen, z.B. der Pflege- und Hebammenwissenschaften, gelten.
Abschlussarbeiten werden sowohl von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern als auch von anderem wissenschaftlich tätigem Personal betreut. Daher sollte die mögliche Anrechnung des Betreuungsaufwands nach § 3 Abs. 7 (neu) auf alle Lehrenden erweitert werden.
Eine Regelung zur digitalen Lehre ist – nicht nur auf Grund der Erfahrungen während der Pandemie – dringend notwendig. Eine Anrechnung des Aufwands für die Erstellung entsprechender Angebote wird von der Landesvertretung ausdrücklich begrüßt. Jedoch muss auch die Weiterentwicklung und Überarbeitung mit dem entsprechenden (zukünftigen) Aufwand Berücksichtigung finden. Wir schlagen daher vor, dass nach 4 Semestern oder 2maliger Durchführung der Lehrveranstaltung in digitaler Form und ohne zeitgleicher Interaktionsmöglichkeit (§ 3a Abs. 2) eine Anrechnung des Aufwands zur Überarbeitung und Erneuerung im Umfang von 50 von Hundert des Anrechnungsumfangs der Präsenzform angerechnet werden kann. Darüber hinaus benachteiligt § 3a Abs. 2 Lehrangebote, welche zum Teil mit zeitgleicher Interaktionsmöglichkeit konzipiert wurden. Diese fielen unserem Verständnis nach unter Absatz 2, so dass der Aufwand für die direkt übertragenen Anteile bei der zweiten Durchführung nicht mehr angerechnet würde.
Zudem ist aus unserer Sicht die Regelung in § 3a Abs. 3 nicht zielführend, da so gerade große Vorlesungsteile entsprechender Module – welche die Studierenden von den digitalen Formaten profitieren lassen – nicht in die digitaler Lehre überführt werden könnten.
Zur Regelung der Höhe der Lehrverpflichtung möchten wir auf unsere grundsätzliche Haltung verweisen, dass eine Trennung von Lehre und Forschung dem Wissenschaftsstandort Berlin nachhaltig schadet. Die Verbindung von Lehre und Forschung ist schon mit einem Lehrdeputat von mehr als 8 LVS und der Berücksichtigung aller anderen Aufgaben der Hochschulen nur schwer aufrechtzuerhalten. Bei einem Lehrdeputat der vorgeschlagenen Höhe, von mehr als 12 LVS, ist eine eigenständige Forschung als Basis der Befruchtung der Lehre ausgeschlossen. Daher lehnen wir auch weiterhin die Ausgestaltung von Stellen mit dem Schwerpunkt Lehre und mehr als 12 LVS ab. Sollten diese Stellen jedoch eingerichtet und besetzt werden, darf aus unserer Sicht die Lehrverpflichtung ein Maximum von 12 LVS auf keinen Fall überschreiten. Gleiches gilt für die Lehrkräfte für besondere Aufgaben und sollte – mit einer entsprechenden Berücksichtigung der anderen Tätigkeitsbestandteile – auch auf die künstlerisch tätigen Mitarbeitenden und das Lehrpersonal an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften überführt werden.
Zur fundierten Berücksichtigung der übertragenen Aufgaben gehört auch, dass die Lehrverpflichtung für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Verträgen zur eigenen Qualifizierung auf höchstens 3 LVS festgelegt wird, da durch die Änderung des Berliner Hochschulgesetzes (hier § 110 Abs. 4 Satz 3) diesen nun mindestens 50 von Hundert ihrer Arbeitszeit für die selbstständige Forschung, zur eigenen Weiterbildung oder Promotion zur Verfügung gestellt wird. Das muss sich auch in einer Reduzierung der Tätigkeitsumfänge der anderen Aufgaben niederschlagen.
Redaktionell sollte in § 5 ff. die Bezeichnung Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer für eben jene Personengruppe entsprechend des Berliner Hochschulgesetzes gewählt werden, da sonst eine Unterscheidung zu den Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten nicht sinnvoll möglich ist.
Da die Absicherung des Lehrangebots in den Zuständigkeitsbereich der Dekaninnen und Dekane fällt, sollte aus unserer Sicht hier auch die Klärung von Ausfall von Lehrveranstaltungsstunden nach § 13 Abs. 3 vorgenommen werden.
Trotz der hier zum Erhalt der Lehrqualität und Arbeitsfähigkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen dringlich angemahnten Punkte wollen wir abschließend würdigen, dass die Notwendigkeit eines Reformprozesses erkannt und mit dem vorliegenden Entwurf der Änderung der LVVO begonnen wurde. Wir möchten an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass die Kapazitätsverordnung (KapVO) entsprechend anzupassen ist. Insbesondere sind dort die Anrechnungsfaktoren für Lehrveranstaltungen mindestens mit dem Wert 1,0 anzusetzen. Zudem möchten wir unsere Bereitschaft ausdrücken, an einer grundsätzlichen Überarbeitung mitzuwirken.